–  Medienmitteilung

Die Suche nach der genetischen Herkunft

In diesen Tagen werden die ersten Kinder volljährig, die nach 2001 einer Samenspende entsprungen sind. Seit 2001 verbietet das Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung die anonyme Samenspende in der Schweiz. Die Betroffenen haben das Recht, ab ihrem 18. Geburtstag zu erfahren, wer ihr biologischer Vater ist.1Das Eidgenössische Amt für Zivilstandswesen rechnet ab September mit den ersten Anfragen. Fertiforum und SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ empfehlen den Betroffenen, sich vor diesem Schritt beraten zu lassen.

Jede Person, die nach 2001 mit Hilfe einer Samenspende entstanden ist, kann ab ihrer Volljährigkeit einen Antrag beim Bundesamt für Zivilstandswesen (EAZW) stellen, um, gegen eine Bearbeitungsgebühr von CHF 200, Informationen über den Spender einzufordern. Das Spenderdatenregister enthält die Personalien des Spenders, den gesundheitliche Zustand zum Zeitpunkt der Spende sowie Angaben zur äusseren Erscheinung. Das Antragsformular und die Antworten zu den häufigsten Fragen stehen auf der Webseite des Bundesamtes zur Verfügung. Mit dieser Möglichkeit soll dem Recht auf Information über die eigene Herkunft, wie es die UNO-Kinderrechtskonvention garantiert, Rechnung getragen werden. Der Spender ist jedoch nicht verpflichtet, eine Kontaktanfrage zu beantworten und kann ein Treffen verweigern.

Das Bedürfnis, sich ein Bild über die eigene, genetische Herkunft zu machen, kann sowohl aus Neugier entstehen als auch mit einer Krise oder einer labilen Zeit verbunden sein. Die Suche nach der Identität des Samenspenders ist für Antragstellende häufig ein Schlüsselmoment in ihrem Leben. Die Informationen und Reaktionen können emotionale Folgen haben; für sie selbst, den Samenspender, zu dem Kontakt gewünscht wird, und auch für die Angehörigen beider Parteien. Betroffene habendeshalb einen Anspruch darauf, beraten und begleitet zu werden.

Die Kommission Fertiforum der Schweizerischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (SGRM)und SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ empfehlen Betroffenen, vorgängig ein Gespräch mit einer Fachperson in Anspruch zu nehmen, die sie in diesem Prozess und in ihren Überlegungen begleiten. Gemeinsam mit den Gesuchstellenden können Berater_innen von Fertiforum, Gynäkologen, Hausärztinnen oder Fachpersonen einer Beratungsstelle der sexuellen Gesundheit das Gesuch und die eventuelle Begegnung mit dem Spenderantizipieren, reflektieren und vorbereiten. Für die psychosoziale Begleitung einer durch Samenspende gezeugten Person, die Auskunft über den Spender verlangt, sowie ihrer Eltern oder auch des Spenders haben die Fachpersonen von FertiForum Leitfäden entwickelt und stellendiese auf Anfrage zur Verfügung.(fertiforum@sgrm.org)

In der Schweiz ist es nur verheirateten Heteropaaren erlaubt, von einer Samenspende Gebrauch zu machen. Um ihren Kinderwunsch durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung zu erfüllen, müssen unverheiratete oder gleichgeschlechtliche Paare und alleinstehende Frauen ins Ausland reisen oder einen privaten Spender finden. In den umliegenden Ländern ist die anonyme Samenspende teilweise noch erlaubt. Das Recht der so gezeugten Kinder, Informationen über die Identität des Spenders zu erhalten, wird so erschwert. Am 30. August 2019 verpasste die Rechtskommission des Nationalrates die Gelegenheit, diese Ungereimtheit zu regeln und die Andersbehandlung aufzuheben: Mit 13 zu 12 Stimmen wurde die Öffnung des Zugangs zur Samenspende für lesbische Paare als Teil der «Ehe für alle» abgelehnt.

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