–  Medienmitteilung

20 Jahre Einführung der Fristenregelung: Eine Feier mit einer klaren Forderung

Fachpersonen aus allen Landesregionen, Parlamentarier*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen haben am 27. September nach einer Begrüssung von Bundesrätin Karin-Keller Sutter und mit Vertreter*innen der FMH und der SGGG gynécologie suisse das 20-Jahre-Jubiläum der Einführung der Fristenregelung in Bern gefeiert.

Die Einführung der Fristenregelung vor 20 Jahren ermöglichte einen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch in allen Kantonen. Der Blick in die heutige Praxis zeigt aber auch, dass die Bilanz gemischt und es dringend nötig ist, Verbesserungen in der jetzigen Regelung vorzunehmen. SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ (SGCH) fordert die Streichung der Abtreibung(1) aus dem Strafgesetzbuch und den verbesserten Zugang in der ganzen Schweiz.

Am 1. Oktober vor 20 Jahren ist die Fristenregelung zum Schwangerschaftsabbruch in Kraft getreten, die zuvor am 2. Juni in einer Volksabstimmung mit mehr als 72% Ja-Stimmen angenommen worden war. Die Fristenregelung bedeutete einen grossen Fortschritt, weil sie die bis dahin geltenden völlig veralteten Bestimmungen von 1942 ablöste. Sie ermöglicht schwangeren Personen einen legalen Schwangerschaftsabbruch unter sicheren medizinischen Bedingungen, wobei die Betroffenen in den ersten 12 Wochen selber über den Schwangerschaftsabbruch entscheiden können. Allerdings schreibt das Gesetz auch vor, dass sie schriftlich eine Notlage geltend machen müssen. Ausserdem stehen die entsprechenden Gesetzesparagraphen im Strafgesetzbuch.

«Die Tatsache, dass der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch geregelt ist, setzt ein völlig falsches Zeichen und trägt zur Stigmatisierung bei» erklärt Léonore Porchet, Nationalrätin der Grünen Waadt und Präsidentin von SGCH. Die Co-Präsidentin der parlamentarischen Gruppe für sexuelle Gesundheit und Rechte fordert deshalb in einer parlamentarischen Initiative, dass die Fristenregelung aus dem Strafgesetzbuch genommen und in einem separaten Gesetz, in einem Gesetz über die sexuelle Gesundheit im weiteren Sinne oder im Bereich der öffentlichen Gesundheit geregelt wird, wie das schon in einigen europäischen Ländern der Fall ist.

Für Yvonne Gilli, Präsidentin der FMH – dem Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, ist zentral, dass der Schwangerschaftsabbruch als Thema der Gesundheit behandelt wird und eine gute Versorgung für alle Betroffenen gewährleistet ist: «Allen Frauen eine situationsgerechte und professionelle medizinische Betreuung vor, während und in der Nachsorge eines Schwangerschaftsabbruches zu garantieren, ist eine medizin-ethische Verpflichtung jeder Gesundheitsfachperson.»

Auch für Thomas Eggimann, Generalsekretär der Fachgesellschaft gynécologie suisse SGGG, «ist es an der Zeit, dass ein nächster Schritt getan wird, um den Schwangerschaftsabbruch zu einer Gesundheitsfrage zu machen. Der Umstand, dass der Schwangerschaftsabbruch noch immer im Strafgesetzbuch geregelt wird, führt dazu, dass mehr moralischer Druck auf die betroffenen Personen ausgeübt wird. Dieser Druck ist dann indirekt auch für das Personal aus dem Gesundheitswesen spürbar.»

SGCH hat am 12. September die Petition «Meine Gesundheit – Meine Wahl!» lanciert, die fordert, dass in der Schweiz:

  • der Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und in erster Linie als Frage der Gesundheit behandelt wird;
  • die Selbstbestimmung der betroffenen Personen garantiert wird, damit sie das Recht haben, ihre eigenen Entscheidungen über ihre Gesundheit zu treffen.

Weitere Informationen zu der Kampagne von SGCH und der Petition «Meine Gesundheit – Meine Wahl!».

[1] Wir nutzen «Schwangerschaftsabbruch» als Fachbegriff und «Abtreibung» als feministischen und politischen Kampfbegriff, der die Rechte der Betroffenen auf Selbstbestimmung und Gesundheit ausdrückt.

Medienmitteilung (PDF)