Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte in der internationalen Zusammenarbeit: Schweiz muss ihr Engagement verstärken
Die Schweiz zählt zu den 10 europäischen Ländern, die 2022 im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit mehr Geld in den Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte (SRGR) investiert haben als im Vorjahr. Sie gab 2,1 % der öffentlichen Entwicklungshilfe für SRGR aus und steht damit an 8. Stelle von insgesamt 13 untersuchten europäischen Ländern. Dies ist das Resultat des heute veröffentlichten Berichts «Tracking What Counts» von «Countdown 2030 Europe».
SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ (SGCH) begrüsst als Partnerorganisation von «Countdown 2030 Europe» das Engagement der Schweiz und fordert sie auf, dieses angesichts aktueller humanitärer Krisen und Herausforderungen künftig noch zu verstärken.
Die Schweiz gab 2022 konkret rund 89 Millionen CHF für den Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte aus. Von den 13 untersuchten europäischen Ländern steht sie damit an 8. Stelle, nach Grossbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Deutschland, Norwegen, Schweden, und Dänemark.
«Die Gesundheitsversorgung im Rahmen von Schwangerschaft und Geburt, die Verfügbarkeit von Informationen und Mitteln zur Familienplanung, die Unterstützung von Betroffenen sexualisierter Gewalt, die Prävention von HIV-Übertragungen und der Schutz der sexuellen Rechte gerade auch von Personen in vulnerablen Situationen, sind von entscheidender Bedeutung für Individuen und Gemeinschaften», sagt Barbara Berger, Geschäftsleiterin von SGCH. «Es ist enorm wichtig, dass sich die Schweiz in diesen Bereichen engagiert und ihre politischen Versprechen im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit auch in die Praxis umsetzt.» Angesichts akuter humanitärer Krisen wie derjenigen in der Ukraine und im Nahen Osten wird es nötig sein, dieses Engagement noch zu verstärken. UNFPA schätzt, dass die europäischen Geberländer ihre Investitionen verachtfachen müssten, um allein schon den globalen Bedarf an sicheren Verhütungsmitteln bis 2030 decken zu können.
Der Schein trügt: Die Schweiz muss ihre globale Verantwortung wahrnehmen und die Finanzierung der öffentlichen Entwicklungshilfe erhöhen
Im Jahr 2022 investierte der Bund insgesamt 4.3 Milliarden CHF in die öffentliche Entwicklungsfinanzierung und erhöhte die Gesamtausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 699 Millionen CHF. Damit stiegen die finanziellen Beiträge erstmals auf über 0.5% des Bruttonationaleinkommens (BNE). Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr ist jedoch hauptsächlich auf die Kosten im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und insbesondere auf die Kosten des Staatssekretariats für Migration (SEM) für schutzbedürftige Personen aus der Ukraine mit S-Status in der Schweiz zurückzuführen. Die Unterstützung von Flüchtenden in der Schweiz ist wichtig und richtig. Countdown 2030 Europe fordert, dass diese Mittel nicht der internationalen Zusammenarbeit (IZA) angerechnet werden.
Die neuen Prognosen in Bezug auf die IZA-Ausgaben der Schweiz sehen düster aus. Der vorgeschlagene Finanzrahmen zur künftigen Strategie internationale Zusammenarbeit 2025-2028, über die das Parlament in diesem Jahr abstimmen wird, prognostiziert eine Quote von 0.36% öffentlicher Mittel (ohne Asylkosten) für öffentliche Entwicklungsfinanzierung. Dies entspricht weder der wirtschaftlichen Stärke der Schweiz noch ihrer globalen Verantwortung und ihrem Interesse, international als glaubwürdige und solidarische Akteurin wahrgenommen zu werden.
Die sogenannte ADP-Quote (Öffentliche Entwicklungshilfe in % des Bruttonationaleinkommens) würde damit erstmals seit 2013 unter 0.4% liegen. Angesichts der dramatischen Situation in vielen Partnerländern der Schweiz im Globalen Süden und der aktuellen humanitären Krisen ist eine schrittweise Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe auf den international vereinbarten und von der Schweiz anerkannten Zielwert von 0.7% des BNE (ohne Asylkosten) bis 2028 überfällig.
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